Die FREIEN BAUERN, Interessenorganisation der bäuerlichen Familienbetriebe, haben auf das politisch verursachte Missverhältnis von geringen Erträgen und gleichzeitig niedrigen Erzeugerpreisen bei der laufenden Ernte hingewiesen. „Dass ich in einem besonders nassen Jahr weniger Getreide in schlechterer Qualität einbringe, gehört zum Berufsrisiko“, sagte Thomas Frenk von der Bundesvertretung der FREIEN BAUERN, der im badischen Nonnenweier einen Ackerbau-Milchviehbetrieb bewirtschaftet und wegen anhaltender Regenfälle einzelne Flächen bis heute nicht befahren kann: „Aber wenn wir alle weniger ernten, bedeutete das bisher, dass die Preise anziehen und die Mindererträge zumindest teilweise ausgeglichen werden.“ Dass eine positive Preisentwicklung aktuell überhaupt nicht zu erkennen sei, liege vor allem an der mit Unterstützung der Bundesregierung im Juni durchgedrückten Verlängerung der Zollfreiheit für ukrainische Agrarprodukte, kritisiert der 46jährige Landwirtschaftsmeister: „Die Exporte aus der Ukraine sind auf Rekordniveau und ermöglichen den hoch konzentrierten Agrarhandelskonzernen, hierzulande die Preise zu drücken.“ Statt ein belangloses Entlastungspaket zu schnüren, hätte die Ampel schon lange Maßnahmen gegen den Preisdruck durch Importe und Monopole ergreifen müssen, bemängelt Frenk.
Bereits bei den Protesten im Januar hatten die FREIEN BAUERN eine Wiedereinführung der Einfuhrzölle auf ukrainisches Getreide und eine Entflechtung der Monopole in Lebensmittelindustrie und Lebensmitteleinzelhandel gefordert. Frenk: „Wenn der Brotpreis an der Ladentheke in den vergangenen vier Jahren um mehr als ein Drittel gestiegen ist, aber der Getreidepreis nach kurzen Turbulenzen 2022 auf dem Niveau von vor vier Jahren stagniert, dann bedeutet das, dass andere Marktteilnehmer sich auf Kosten von Bauern und Verbrauchern ganz massiv bereichern.“ Mit den großen Konzernen wolle sich Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir aber offensichtlich nicht anlegen, kritisiert Frenk, statt dessen verwende er seine Energie darauf, die bäuerlichen Betriebe mit immer neuen Steuern und Auflagen in ihrer Wettbewerbsfähigkeit zu schwächen.
Özdemir sei sicherlich mit seiner Aufgabe überfordert, stellt Frenk fest, sieht aber ein mindestens ebenso großes Problem in der falschen Wahrnehmung landwirtschaftlicher Interessen durch die Politik: „Mit Susanne Schulze Bockeloh und Joachim Rukwied sitzen zwei Spitzenfunktionäre des Deutschen Bauernverbandes in den Aufsichtsräten der Agrarhandelskonzerne Agravis und BayWa – da wundert es nicht, dass dem Verband zum Preisdruck nichts Besseres einfällt, als seine uneingeschränkte Solidarität mit der Ukraine zum Ausdruck zu bringen.“ Der niedrige Erzeugerpreis für Getreide ziehe auch die Preise für alle anderen landwirtschaftlichen Produkte herunter, warnen die FREIEN BAUERN und appellieren an die Politik, sich nicht von Konzern-Lobbyisten blenden zu lassen, sondern den Dialog mit der landwirtschaftlichen Basis zu suchen.